Z Audiol 2013; 52 (3) 96-106 - Zebian / Kandzia / Janssen / Hensel / Fedtke |
Otoacoustic emissions stimulated by bone conduction – a review
Otoakustische Emissionen stimuliert über Knochenleitung – eine Übersicht
Makram Zebian 1, Florian Kandzia 2, Thomas Janssen 3, Johannes Hensel 1, Thomas Fedtke 1 1 Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Braunschweig, Germany 2 PATH medical GmbH, Germering, Germany 3 Hals-Nasen-Ohrenklinik, Technische Universität München, Munich, Germany
Abstract | Otoacoustic emissions (OAEs) are commonly evoked by air conduction (AC) through one or more miniature loudspeakers embedded in an OAE probe. To date, only a few studies have dealt with the bone-conduction (BC) stimulation of OAEs. The aim of this review is to give a summary on the main literature concerning this topic and to outline the advantages as well as the limitations of this alternative stimulation of OAEs. Generally, both distortion product otoacoustic emissions (DPOAEs) and transient evoked otoacoustic emissions (TEOAEs) can be stimulated by BC, showing properties similar to AC-OAEs. One practical advantage of BC is that miniaturized microphone probes (without the need of the probe loudspeakers) can be constructed, which is be neficial for small ear canals, e.g., in newborns. Since the BC stimulus reaches both cochleae simultaneously, binaural BC-OAE measurements are also possible. Clinically, BC-OAEs are expected to be less sensitive than AC-OAEs to conductive hearing loss, since the BC stimulus reaches the cochlea unimpeded by a possible middle-ear disorder and only the reverse OAE transmission is affected by the latter. Hence, the presence of BC-OAEs amid a lack of AC-OAEs signalizes a middle-ear dysfunction. Concerning the calibration of the stimuli, BC provides some advantages over AC, especially for DPOAEs. BC stimulation avoids errors caused (i) by ear-canal standing waves, since the BC stimuli bypass the ear canal, and (ii) by evanescent waves, since the bone vibrators (e.g., on the forehead or behind the ear) are spatially separated from the probe microphone (in the ear). In the case of DPOAEs, a concurrent AC/BC stimulation can also be achieved by presenting one tone via AC and the other via BC. When using this combined stimulation, one may benefit from swapping the acoustic signal paths and repeating the DPOAEs measurement in the same in-situ position of the probe to validate the stimulus calibration at the cochlea. Whereas further investigations are required to establish BC-OAEs as a standardized objective tool in the clinical diagnosis, BC stimulation already provides an alternative approach, with the stimulitaking a direct path towards the cochlea. Hence,it may be employed complementarily to AC stimulation, opening up various possibilities from the verification of ear-canal probe calibration to the potential differential diagnosis of conductive hearing disorders by means of OAEs.
Keywords: otoacoustic emissions, air conduction, bone conduction, calibration Zusammenfassung | Otoakustische Emissionen (OAE) werden üblicherweise mit einem oder mehreren in eine OAE-Sonde eingebauten Miniaturlautsprechern über Luftleitung (air conduction: AC) evoziert. Bislang haben sich nur wenige Studien der OAE-Stimulation über Knochenleitung (bone conduction: BC) gewidmet. Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, eine Zusammenfassung der aktuell in der Literatur vorhandenen Studien über diese Stimulationsart zu geben und auf deren Vorteile und Grenzen einzugehen. Prinzipiell zeigen sowohl die distorsionsproduzierten otoakustischen Emissionen (DPOAE) als auch die transient evozierten otoakustischen Emissionen (TEOAE) ähnliche Eigenschaften wie die AC-OAE. Die BC-Stimulation erlaubt den Einsatz miniaturisierter Mikrofonsonden (ohne Lautsprecher), was insbesondere für kleinere Gehörgänge, beispielsweise von Neugeborenen, vorteilhaft ist. Klinisch ist es durchaus zu erwarten, dass diese Stimulation weniger von Schallleitungsstörungen beeinflusst wird, weil die BC-Stimuli die Cochlea von Mittelohrproblemen unbeeinflusst erreichen und nur die rückwärts laufende OAE von Letzterem betroffen ist. Sind beispielsweise BC-OAE vorhanden, aber keine AC-OAE, deutet dies auf eine Mittelohrproblematik hin. Die BC-Stimulation hat einige Vorteile gegenüber der AC-Stimulation, insbesondere im Hinblick auf die Stimuluskalibrierung für DPOAE. Die BC-Stimulation (i) umgeht die aufgrund stehender Wellen im Gehörgang entstehenden Kalibrierfehler, und (ii) eliminiert wegen der örtlichen Trennung der Knochenleitungshörer (z. B. hinter dem Ohr oder auf der Stirn) und des OAE-Sondenmikrofons (im Ohr) die Nahfeldeffekte. Für DPOAE ist auch eine gleichzeitige Stimulation möglich, bei der jeweils ein Ton über AC und der andere über BC dargeboten werden. Diese kombinierte AC/BC-Stimulation erlaubt das Vertauschen der akustischen Übertragungswege und eine Wiederholung der DPOAE-Messung in derselben In-situ-Position der Sonde. Diese Eigenschaft kann zur Validierung der Stimuluskalibrierung am Innenohr verwendet werden. Während weiterführende Studien notwendig sind, um die BC-OAE als eine standardisierte objektive Methode in der klinischen Diagnostik zu etablieren, stellt diese Stimulationsart bereits jetzt eine Alternative dar, bei der die Stimuli über einen direkten Weg zur Cochlea gelangen. Die BC-Stimulation könnte komplementär zur AC-Stimulation eingesetzt werden und eröffnet vielfältige Möglichkeiten, von der Verifikation der Gehörgangssondenkalibrierung bis hin zur Differentialdiagnose von Schallleitungsstörungen mittels OAE. Schlüsselwörter: Otoakustische Emissionen, Luftleitung, Knochenleitung, Kalibrierung
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Z Audiol 2013; 52 (3) 107-113 - Fischer / Junius / Legarth |
Sensory Profiling – a method for improving sound quality of hearing aids
Sensorisches Profiling – eine Methode zur Verbesserung der Klangqualität von Hörgeräten
Rosa-Linde Fischer*, Dirk Junius*, Søren Vase Legarth+
*Audiological Research Group, Siemens Audiology Solutions, Gebbertstraße 125, 91058 Erlangen, Germany + DELTA SenseLab, Venlighedsvey 4, 2970 Hørsholm, Denmark
Abstract | In this study, the method of sensory profiling was used to assess the sound quality of hearing aids. Eight different hearing aids were evaluated by 16 mild-to-moderately hearing impaired listeners in sound scenarios which reflect a realistic spectrum of demanding listening situations. For each hearing aid, preference ratings were obtained and compared to consensus attribute ratings with regard to sound quality. The results help to identify the attributes that have the highest impact on the preference rating for each of the different sound scenarios. Keywords: sensory profiling, sound quality, hearing aids Zusammenfassung | Die Akzeptanz von Hörgeräten wird neben der Verbesserung der Sprachverständlichkeit durch deren Klangqualität bestimmt. Diese Annahme wird durch die Ergebnisse einer Befragung von Hörgeräteträgern (Kochkin 2005) unterstützt, die zeigt, dass die Zufriedenheit mit den Hörgeräten hoch mit Klangqualitätseigenschaften des Hörgerätes, wie Natürlichkeit, Klarheit und Klangtreue korreliert. Das Thema Sprachqualität wurde in den vergangenen Jahren vor allem durch die Forschung im Telekommunikationsbereich vorangetrieben. Die unmittelbare Übertragung dieses Wissens auf die Hörgeräteentwicklung ist jedoch schwierig, da sich so wohl die Nutzer als auch die Endgeräte unterscheiden. Hörgeräte sind hochgradig nicht-lineare Geräte, die den individuellen Hörverlust des Nutzers ausgleichen sollen. Die Klangqualität eines Hörgerätes muss somit anderen und vielfältigeren Anforderungen als denen des in der Telekommunikation untersuchten durchschnittlich gesunden Gehörs gerecht werden. Ein für die Hörgeräteentwicklung neuartiger Ansatz für die Bestimmung der Klangqualität ist das sensorische Profiling. Bei diesem Ansatz werden Präferenzurteile mit der sensorischen Beschreibung von Hörgeräten verbunden, um sowohl die Ausprägung als auch eine Begründung des Klangqualitätsurteils zu erhalten. Die hier beschriebene Studie wurde vom DELTA SenseLab in Hørsholm, Dänemark, durchgeführt. Acht verschiedene Premium-Hörgeräte wurden paarweise mit der jeweiligen herstellereigenen Anpassformel an den N3-Hörverlust, einen milden bis moderaten schrägabfallenden Hörverlust, angepasst. Zusätzlich wurde das herstellereigene Musikprogramm in die Hörgeräte programmiert. Mit diesen Hörgeräten wurden binaurale Kunstkopfaufnahmen in verschiedenen Sprach- und Störgeräuschsituationen und von Musikstücken gemacht. Diese Aufnahmen wurden den Versuchspersonen aus dem N3-Hörverlust-Probandenpool von DELTA zur Beurteilung vorgespielt. Im ersten Schritt wurden die Präferenzurteile für die Hörgeräteaufnahmen anhand eines Verfahrens zum multiplen Stimulusvergleich erfasst. Im zweiten Teil der Studie wurden die Hörgeräteaufnahmen anhand gemeinsam entwickelter Attribute hinsichtlich ihrer Klangeigenschaften bewertet. Dies geschah für vier repräsentative Klangbeispiele aus ähnlich bewerteten akustischen Situationen (modulierte Geräusche, Sprache in Ruhe, Musik, Alltagsgeräusche mit unangenehm lauten Störgeräuschen). Die endgültigen Attribute, auf denen die Beschreibung erfolgte, waren: Bass, Höhen, Natürlichkeit, Nachhall, Dynamik, Detailreichtum und Lautheit. In einer abschließenden Analyse wurden die Präferenzurteile und die faktoranalytische Auswertung der Attributbeschreibungen verbunden. Die Bewertungen wurden anhand von Varianzanalysen mit den Faktoren Assessor (Versuchsperson), System (Hörgerät) und Sample (Klangbeispiel) auf statistische Signifikanz untersucht. Für die Präferenzurteile erwies sich der Assessor-Effekt als signifikant. Dies bedeutet, dass die Versuchspersonen Unterschiede im Gebrauch der Präferenzskala aufwiesen. Dies ist selbst bei trainierten Versuchspersonen ein bekannter Effekt bei solchen Experimenten. Da die Größe dieses Effekts im Vergleich zum ebenfalls signifikanten System- und Sample-Effekt gering ausfällt, kann trotzdem auf eine generelle Validität der Bewertungen geschlossen werden. Darüber hinaus waren auch die Wechselwirkungen zwischen Assessor x System und System x Sample signifikant. Insgesamt ist das Zustandekommen der Präferenzurteile für Hörgeräte als komplexes Zusammenspiel zwischen Klangbeispielen und Hörgeräten anzusehen. Dieses kann anhand der Betrachtung einzelner Bewertungen im Detail aufgelöst werden (vgl. Abbildung 2). Für die Bewertung anhand der Attribute zeigten sich ebenfalls statistisch signifikante Effekte für die untersuchten Hörgeräte und Klangbeispiele, sowie den Assessor-Effekt und deren zweifacher Wechselwirkungen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Attribut-Bewertungen ebenso wie die Präferenzbewertung in einem vielschichtigen Zusammenhang stehen. Dieser kann im nachfolgend beschriebenen Präferenzmapping weiter aufgelöst werden In diesem letzten Schritt wurde die faktoranalytische Auswertung der Attribute mit den Präferenzurteilen kombiniert, um so eine Aussage über den Zusammenhang zwischen Präferenzurteilen und der Ausprägung von Klangattributen ableiten und damit nützliche Informationen zum bevorzugten Klang von Hörgeräten liefern zu können. Die Ergebnisse zeigten, dass für die Klangqualität von Hörgeräten eine hohe Präferenz insbesondere durch die Natürlichkeit des Klangs erreicht werden kann. Ausgeprägte Bewertungen für Höhen, Lautheit, Dynamik und Nachhall hatten hingegen einen negativen Einfluss auf die Präferenz. Darüber hinaus unterschieden sich die Präferenzbewertungen für die Hörgeräte zwischen den akustischen Situationen. Die Kenntnis situationsspezifisch relevanter Attribute kann die Entwicklung von Hörprogrammen unterstützen.
Schlüsselwörter: Otoakustische Emissionen, Luftleitung, Knochenleitung, Kalibrierung
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Z Audiol 2013; 52 (2) 61-96 - Hoth |
The slope of the discrimination function as universal measure for the comparison of methods devoted to the objective threshold determination
Die Steigung der Diskriminationsfunktion als universelles Maß zur Beurteilung der Güte von Methoden der objektiven Schwellenbestimmung
Universitäts-HNO-Klinik, Heidelberg
Abstract | Background: The determination of the threshold of hearing using the auditory evoked potentials is primarily based on the visual or automatic recognition of the response. The transition from the stimulus level range below to above threshold is characterized in that the probability of the occurrence of a response increases from zero to unity. Thus, the threshold can be regarded as a quantity which is of fundamentally statistical nature; this raises the question whether statistical concepts can be useful in the comparative evaluation of different methods. Material and Methods: Auditory evoked potentials with three methods (ABR with click stimulus, CERA with tone pulse of 1000Hz and 500 Hz ASSR) were measured with high resolution in twelve subjects in the vicinity of the response threshold. Depending on whether or not a response could be identified, each individual record contributed either 0 or 1 to the sequence of numbers which characterizes the series of measure cords. From these discrete jump functions, the threshold is determined and averaged over all subjects after normalization (»individual threshold level« ITL) and subsumed in 3-dB-groups (ABR and CERA) or 6-dB-groups (ASSR). The resulting curve reflects the probability for the occurrence of a response as a function of threshold related stimulus level. The grand average data obtained for each of the three methods were fitted with a Boltzmann function (weighted least squares fit), and the slope of the resulting curve at its inflection point was determined.Results: The slope at the inflection point of the discrimination function was 28.3 percent/dB for the ABR, 13.7percent/dB for CERA and 6.1 percent/dB for the ASSR, the values for the width of the threshold transition (increase of probability from 27 percent to 73 percent) were 0.9, 2.0 and 4.1dB, respectively. These results are not presented in order to score the above mentioned methods but merely as examples for the quality measure defined and tested here.Conclusion: The slope of the discrimination function is a measure of the accuracy of the method and can therefore be used as a universal benchmark for comparing different methods. In contrast to other approaches, this comparison scale is not affected by the variability of other audiometric measures and their susceptibility to the influence of factors related to the subjects. It therefore makes sense to characterize the quality of an objective hearing test by the method-specific discrimination function measured in small dB-steps in the stimulus level range around the response threshold.
Keywords: Objective audiometry; Auditory evoked potentials; Response threshold; logistic function; method ranking Zusammenfassung | Hintergrund: Die Bestimmung der Hörschwelle mit Hilfe der akustisch evozierten Potenziale beruht primär auf der visuellen oder maschinellen Erkennung der Reizantwort. Der Übergang vom unter- zum überschwelligen Reizpegelbereich ist dadurch gekennzeichnet,dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Reizantwort von Null auf Eins ansteigt. Somit ist die Schwelle ein fundamental statistischer Begriff; es erhebt sich die Frage, ob die konsequente Beachtung der statistischen Natur bei der vergleichenden Bewertung verschiedener Methoden vorteilhaft umgesetzt werden kann. Material und Methode: An zwölf Probanden wurden akustisch evozierte Potenziale mit drei Methoden (BERA mit Klickreiz, CERA mit Tonpuls 1000 Hz und ASSR bei 500Hz) in der nahen Umgebung der Reizantwortschwelle mit hoher Auflösung gemessen. Je nachdem, ob eine Reizantwort identifiziert werden konnte, trug jede Einzelmessung mit 0 oder 1 zu einer die Messreihe charakterisierenden Zahlenfolge bei. Aus dieser diskreten Sprungfunktion wurde die Schwelle bestimmt und nach Normierung der Schwelle (»individual threshold level« ITL) und Zusammenfassung der Werte in 3-dB-Gruppen (BERA und CERA) beziehungsweise 6-dB-Gruppen (ASSR) die über alle Probanden gemittelte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Reizantwort in Abhängigkeit vom schwellenbezogenen Pegel ausgewertet. An die so gewonnenen Daten wurde für jede der drei Methoden eine Boltzmann-Funktion angepasst (least squares fit) und die Steigung im Wendepunkt der resultierenden Kurve bestimmt. Ergebnisse: Die Steigung im Wendepunkt der Diskriminationsfunktion betrug 28.3 Prozent/dB für die BERA, 13.7 Prozent/dB für die CERA und 6.1 Prozent/dB für die ASSR; für die zur Steigung reziprok proportionalen Breite des Schwellenübergangs (Anstieg von 27 Prozent auf 73 Prozent) ergaben sich die Werte 0.9dB, 2.0dB und 4.1dB. Diese Ergebnisse werden nicht als Bewertung der angewendeten Methoden, sondern lediglich als Beispiele für das hier definierte und erprobte Gütemaß vorgestellt. Schlussfolgerung: Die Steigung der Diskriminationsfunktion ist ein Maß für die Genauigkeit der verwendeten Methode und kann somit als universeller Maßstab für den Vergleich verschiedener Methoden verwendet werden. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen ist dieser Vergleichsmaßstab von der Variabilität und Störanfälligkeit anderer audiometrischer Maße unabhängig. Es bietet sich daher an, die Qualität einer objektiven Hörprüfung durch die in Schwellennähe mit hoher Pegelauflösung gemessene methodenspezifische Diskriminationsfunktion zu charakterisieren. Schlüsselwörter: Objektive Audiometrie; Akustisch evozierte Potenziale; Reizantwortschwelle; Diskriminationsfunktion; Methodenvergleich
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