Z Audiol 2019; 58 (4) 148–151 – Hoth |
OAE in Klinik und Praxis – Neue Bewertung etablierter Regeln
Sebastian Hoth Univ.-HNO-Klinik Heidelberg Zusammenfassung: Die otoakustischen Emissionen (OAE) leisten einen bedeutenden Beitrag zur praktischen audiologischen Diagnostik. Dieser beruht wesentlich auf der Anwendung von Regeln, die den Nachweis des physiologischen Signals und seine audiologische Deutung betreffen. Für die TEOAE (transitorisch evozierte OAE) und die DPOAE (otoakustische Distorsionsprodukte) wurden diese Regeln anhand einer großen klinischen Stichprobe von N = 1000 Ohren überprüft. Die weithin angewendeten Regeln „TEOAE können als nachgewiesen angesehen werden, wenn ihre Reproduzierbarkeit 60 % oder mehr beträgt“ (Regel 1) und „TEOAE sind nachweisbar, solange der Hörverlust die Grenze von 30 dB nicht überschreitet“ (Regel 2 – für die DPOAE analog mit 50 anstelle von 30 dB) wurden auf ihre statistische Gültigkeit überprüft. Es zeigt sich, dass die Gültigkeit dieser Regeln in hohem Maße von der Reststörung abhängt. Wird für diese Reststörung gefordert, dass sie eine Obergrenze von -1.5 dB SPL nicht überschreitet, und wird das Urteil eines in Bezug auf Hörschwelle und Reproduzierbarkeit verblindeten Experten als Goldstandard verwendet, dann ist Regel 1 in 94 % der Fälle und Regel 2 in 84 % der Fälle (für die TEOAE) bzw. letztere in 75 % - 89 % - 86 % der Fälle (für die DPOAE bei 1, 2 und 4 kHz) erfüllt. Ohne Einschränkung in Bezug auf die Reststörung liegen diese Zahlen signifikant niedriger. Für die klinische und praktische Anwendung ergibt sich hieraus die Konsequenz, dass bei Nutzung der OAE ohne Beachtung der Reststörung zu einem unzulässig hohen Prozentsatz falsch positive und falsch negative Ergebnisse auftreten. Diese Erkenntnis führt im Idealfall dazu, dass die Bedeutung einer durch entsprechende Signalverarbeitung garantierten Mindestqualität von den Herstellern aufgegriffen und in der Produktentwicklung berücksichtigt wird.
Stichwörter: Otoakustische Emissionen, Signalnachweis, Qualitätskriterien, audiologische Diagnostik, Sensitivität, Spezifität |
Z Audiol 2019; 58 (4) 138–147 – Liß/Kreikemeier |
Data Logging – Wie zuverlässig funktioniert die Datenaufzeichnung?*
How reliable is the data logging function?
Linda Liß, Steffen Kreikemeier Hochschule Aalen, Studiengang Hörakustik/Audiologie, Aalen, Deutschland Zusammenfassung: Das Data Logging (DL) kommt in der Praxis häufig zum Einsatz, um die Aussagen der Kunden insichtlich der Tragedauer von Hörgeräten abzugleichen. Ebenfalls ist es dem Hörakustiker möglich nachzuvollziehen, wie lange und in welcher Situation der Kunde das Hörsystem getragen hat. Oftmals kommt es jedoch zu dem Fall, dass die Aufzeichnungen der Geräte von den Aussagen der Kunden abweichen. Somit stellt sich die Frage, ob und wann es zu Komplikationen in der Aufzeichnung des Trageverhaltens kommen kann. In der hier vorgestellten Studie wurden die Zuverlässigkeit des Data Loggings und die Faktoren, wie z.B. der binauralen Synchronisation, die dieses beeinträchtigen können, untersucht. Dazu wurde neben der Aufzeichnungsdauer auch die Situationserkennung für drei verschiedene Hersteller überprüft. Unter Laborbedingungen wurden zum einen akustisch definierte „Standardsituationen“ (Sprache in Ruhe, Sprache im Störgeräusch) sowie eine komplexe Situation (Sprache im Störgeräusch zusammen mit Musik) über einen Lautsprecherkreis konstruiert und anhand von 3- und 8-Stunden-Messungen ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Tragedauer insgesamt sehr zuverlässig aufgezeichnet wird, die Hörumgebung hingegen je nach Situation und Hersteller besser oder schlechter erfasst wird.
Stichwörter: Data Logging, binaurale Synchronisation, Situationserkennung Abstract: Data logging (DL) is used to compare the patients’ testimonials about how often and how long they used heir hearing aids to the recorded duration of daily use. In addition, the hearing aid acoustician can gather information regarding the different acoustic environments in which the patients wore their hearing aids. The hearing aid users’ statements often deviate from the information gained from DL. This raises the question of whether and when complications can occur in the recording of wearing behavior. The study described below examined the reliability of DL and the factors that can affect it. In addition to the duration of the logging, the situation detection for three different manufacturers was also investigated. Different acoustic situations were designed using eight loudspeakers while the duration of measurement was three and eight hours. The results show that the documentation of the overall wearing time is very reliable, while reliability for detecting the hearing environment depends on the situation and the manufacturer. Keywords: data logging, binaural synchronization, classification * Online-Erstveröffentlichung in GMS Z Audiol (Audiol Acoust). DOI: 10.3205/zaud000003 |
Z Audiol 2019; 58 (3) 94–98 – Bruschke, Wu, Baumann |
ISIS Neurostimulator: Erste Erfahrungen bei bi- und triphasischer elektrischer Stimulation mittels Gehörgangselektrode*
ISIS Nerostimulator: First experiences with bi- and triphasic electrical stimulation via ear canal electrode
Stefanie Bruschke, Pan-Pan Wu, Uwe Baumann HNO-Universitätsklinik Frankfurt / Audiologische Akustik, Frankfurt a. M., Deutschland Zusammenfassung: Im Rahmen der Voruntersuchungen fĂĽr eine Cochlea-Implantation (CI) kann der Promontorialtest zur ĂśberprĂĽfung der Funktionalität des Hörnervs eingesetzt werden. Neben den standardmäßig durchgefĂĽhrten Untersuchungen, wie beispielsweise Ton- und Sprachaudiometrie, Bildgebung, VestibularisprĂĽfung und Hirnstammaudiometrie (BERA), wird der Promontorialtest derzeit in der Regel bei speziellen Fragestellungen (sehr lange Taubheitsdauer oder andere Ursachen fĂĽr eine mögliche Schädigung des Hörnervs) durchgefĂĽhrt. Ziel der Studie ist die Evaluierung der Anwendbarkeit des frei programmierbaren ISIS Neurostimulators (inomed Medizintechnik, Emmendingen) zur DurchfĂĽhrung des Promontorialtestes bei CI-Voruntersuchungen,sowie die Untersuchung möglicher Effekte von biphasischer und triphasischer Stimulation auf die subjektive Wahrnehmung. Es wurden 29 Probanden (15 männlich, 14 weiblich) im Alter von 18 bis 86 Jahren untersucht (35 Ohren/Fälle). Es wurde eine Gehörgangselektrode (Medtronic) verwendet, die vor dem Trommelfell des Patienten in eine Kochsalzlösung gelegt wurde (Referenzelektrode Stirn). Zur Stimulation wurden sowohl biphasische als auch triphasische Pulse mit einer Folgerate von 50 Hz verwendet und ĂĽber Variation der Amplitude jeweils die Wahrnehmungsschwelle und Unbehaglichkeitsschwelle durch Angaben des Patientenbestimmt. In 10 von 35 Fällen (28,6 %) wurden keine HöreindrĂĽcke erzielt, sondern ausschlieĂźlich taktile Empfindungen. Die Ergebnisse der biphasischen und triphasischen Testbedingung zeigten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Wahrnehmungs-schwelle (Mediane bi-/triphasisch: 160/150 μA) und Unbehaglichkeitsschwelle (Mediane bi-/triphasisch: 320/315 μA). Anders als bei intracochleärer Stimulation mit triphasischen Pulsen bei CI-Trägern scheint die Pulsform keinen Einfluss auf die hier untersuchten Schwellen zu zeigen. Der ISIS Neurostimulator konnte bei allen Patienten bei CI-Voruntersuchungen angewendet werden und erweist sich nach der vorliegenden Untersuchung als geeignetes Tool zur DurchfĂĽhrung des Promontorialtestes. Ziel weiter-fĂĽhrender Studien zur Evaluation des ISIS Neurostimulator ist die Erprobung weiterer Messparameter, wie beispielsweise die Ă„nderung der Stimulationsfrequenz, sowie die DurchfĂĽhrung von E-BERA Untersuchungen.
Stichwörter: Promontorialtest, Cochlea-Implantat, Voruntersuchungen Abstract: The promontory test is applied to examine the functionality of the auditory nerve as part of the preoperative examination for cochlear implantation (CI). Besides standard tests, such as pure tone and speech audiometry, imaging, vestibular tests and brainstem audiometry (BERA), the promontory test usually is applied in case of special issues (very long duration of deafness or other reasons for potential damage of the auditory nerve). The aim of the study is to evaluate the applicability of the freely programmable ISIS Neurostimulator (inomed Medizintechnik, Emmendingen) to perform the promontory test for preoperative examination for CI. Furthermore the possible effect of biphasic and triphasic pulses on the subjective perception is investigated. 29 patients (15 male, 14 female) with an age between 18 and 86 years were included in the study (35 ear/cases). An ear canal electrode (Medtronic) was positioned in saline solution in front of the eardrum (frontal reference electrode). For stimulation, biphasicand triphasic pulses with a repetition rate of 50 Hz were used. Via variation of the amplitude, the perception threshold and the uncomfortable level were determined for each pulse. In 10 out of 35 cases (28.6 %) no hearing sensation but sensations of beginningpain was documented. The comparison of thresholds with biphasic and triphasic stimulation showed no significant difference regarding the perception threshold (median bi-/triphasic: 160/150 μA) and uncomfortable level (median bi-/triphasic: 320/315 μA). In contrast to findings obtained with triphasic pulses with intracochlear stimulation, the pulse shape had no impact on thresholds. In general, the results of the study show that the ISIS Neurostimulator is applicable as device for administering electrical stimulationwith ear canal electrodes. The aim of further studies evaluating the ISIS Neurostimulator is the clinical testing of additional measuring parameters, such as variation in stimulus frequencies, as well as E-BERA tests. Keywords: promontory test, cochlear implant, preoperative examination * Online-Erstveröffentlichung in GMS Z Audiol (Audiol Acoust). DOI: 10.3205/zaud000002 |
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